Was hat die Royal Family mit Klebstoff zu tun? Spiele für einen Moment lang MacGyver und versuche, aus den zusammenhanglosen Stichwörtern ein großartiges Werbeplakat zu erstellen.

Ein solches Werbeplakat findest du etwas später im Artikel.

Nun aber zurück zur Frage. Die Stichwörter haben grundsätzlich nichts miteinander zu tun. Aber das macht nichts, denn durch die Technik der Metapher können wir sie in Verbindung setzen und unsere Inhalte bildhafter, überzeugender oder humorvoller erzählen.

Warum das so ist, worauf wir aufpassen müssen und was wir unbedingt vermeiden sollten – das sehen wir uns jetzt genauer an.

Was ist eine Metapher?

Die Metapher ist ein sprachlicher Ausdruck, in dem die Bedeutung eines Wortes oder einer Wortgruppe in einen anderen Zusammenhang übertragen wird. Das Wort Metapher stammt übrigens vom altgriechischen Wort metaphorá ab, was Übertragung bedeutet.

Der Fels in der Brandung ist nicht nur der wörtliche Fels in der Brandung, sondern steht auch für einen Menschen, der uns Halt gibt und uns beschützt.

Das Beispiel zeigt uns wunderbar, wie und warum Metaphern funktionieren. Sie sind sprachliche Bilder, die komplexe Gefühle und Gedanken auf ein einfaches, aber kraftvolles Bild reduzieren.

  • Das ist Schnee von gestern
  • Ich habe Schmetterlinge im Bauch

Im Film Matrix muss sich Neo zwischen der roten und der blauen Kapsel entscheiden. Schluckt er die blaue Kapsel, wacht er in seinem Bett auf und wird alles vergessen, was er über die Matrix gelernt hat. Schluckt er jedoch die rote Kapsel, darf er in der wirklichen Welt bleiben und erfährt all ihre Geheimnisse.

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Die Szene käme auch ohne die Kapseln aus. Gäbe es sie nicht, würde sie trotzdem funktionieren. Durch die rote und die blaue Kapsel bekommt Morpheus’ Erklärung einen „Körper“. Wenn wir an die Kapseln denken, denken wir automatisch, wofür sie stehen.

Außerdem ist es viel einfacher, an die rote oder blaue Kapsel zu denken, als ans „aufwachen und alles vergessen“ oder ans „in der wirklichen Welt bleiben“ zu denken.

Unser Gehirn liebt es, faul zu sein und Dinge zu vereinfachen. Das beweist Daniel Kahnemann in seinem Buch Schnelles Denken, langsames Denken. Im Kapitel Eine leichtere Frage beantworten beschreibt er, dass wir komplexe Fragen unbewusst durch einfachere ersetzen und diese beantworten.

Zusammenfassend können wir festhalten, dass Metaphern komplexe Gefühle und Gedanken vereinfachen und aus ihnen ein einprägsames Bild malen, an das wir uns leicht erinnern.

Korrekt vereinfachen können wir nur durch tiefes Verständnis. Deshalb stellen wir uns die Frage:

Welche Arten von Metaphern gibt es?

Direkte Metapher

Sie ist einfach zu verstehen, denn sie wird als klarer, einfacher Satz formuliert – meist durch eine Abwandlung des Hilfsverbs sein.

  • „Ich bin der König der Welt!“, ruft Jack Dawson, während er ganz vorn auf der Titanic steht und das unendlich scheinende Meer überblickt.
  • „I’m vengeance“, sagt Batman, nachdem er einen Angreifer zu Boden prügelt.
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Vergleichende Metapher (Gleichnis)

Die wohl bekannteste vergleichende Metapher stammt aus dem Film Forest Gump. Die Hauptfigur Forest sitzt auf einer Parkbank neben einer fremden Frau, bietet ihr eine Praline an und sagt: „Meine Mama hat immer gesagt: Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man kriegt.“

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Einer der erfolgreichsten und kürzesten Pitches für einen Film ist ein solches Gleichnis (auch wenn es nicht direkt als solches formuliert wurde). Der Pitch besteht im Englischen aus nur drei Wörtern. Er ermöglichte dem Regisseur Ridley Scott seinen internationalen Durchbruch. Der Pitch lautete:

  • Jaws in Space (übersetzt: Der weiße Hai im Weltraum)

Das war der Pitch zum Film Alien. Steven Spielbergs Jaws war weltweit bekannt. Natürlich war es sinnvoll, den wohl bekanntesten Film der damaligen Zeit als vergleichende Metapher für den eigenen Film zu nutzen.

Für sein Buch The Brain Audit entwickelt Sean D’Souza in einem frühen Kapitel die vergleichende Metapher des Förderbands am Flughafen:

If you don’t take all the ‘bags’ off the customer’s brain, the ‘bags’ go round and round, causing the customer to put off the purchase.

Implizite Metapher

Die implizite Metapher ist komplexer und schwerer verständlich als die bisher genannten Formen, da sie subtiler verpackt ist. Sie erfordert mehr Denkarbeit des Publikums, hat dafür aber mehr Tiefe in ihrer Bedeutung.

Der Slogan „Red Bull verleiht Flüüügel“ ist eine implizite Metapher. Auch wenn die Flügel in der Werbung teilweise wörtlich als Flügel auftreten, bedeuten sie mehr. Die Flügel stehen für Freiheit, Schnelligkeit und Spitzfindigkeit.

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Apple nutzte eine Vielzahl an impliziten Metaphern in seinen Werbekampagnen. Ein humorvolles Beispiel ist der folgende Werbeclip, in dem ein PC und ein Mac von Menschen dargestellt werden. Plötzlich kommt eine dritte Person dazu, die eine andere Sprache spricht.

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Goethes Pudels Kern ist ebenso eine implizite Metapher, die aber auch ausgelegt werden kann, als …

Visuelle Metapher

Eine visuelle Metapher haben wir schon kennengelernt – die rote Kapsel aus Matrix. Visuelle Metaphern sind im wahrsten Sinne des Wortes Sinnbilder, die anstelle komplexer Gedanken, Fragen und Emotionen auftreten und sie gekonnt repräsentieren.

Die visuelle Metapher der versperrten Tür war der Aufhänger eines Video-Skripts, das ich für eine Rechtsanwaltskanzlei verfasst habe.

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Verlängerte Metapher

Sie ist eine Form der Metapher, die nicht nur einmalig und als kurzer Satz formuliert wird, sondern sich über mehrere Sätze oder eine Geschichte zieht und immer wieder hervorgeholt und referenziert wird.

Im Roman Friedhof der Kuscheltiere von Stephen King sagt der alte Jud Crandall zu Louis Creed mehrmals:

Der Boden des Herzens eines Mannes ist steiniger, Louis. Ein Mann baut an, was er kann, und er pflegt es. Denn was du kaufst, gehört dir. Und was dir gehört … kommt immer zu dir zurück.

Ein weniger schweres und umso amüsanteres Beispiel ist die „Loch im Donut“-Metapher aus dem Film Knives Out:

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Führende Metapher

Führende Metaphern sind Leitmotive ganzer Geschichten. Im Pixar-Animationsfilm Rot verwandelt sich die Teenagerin Meilin in einen großen roten Panda, wenn sie starke Emotionen empfindet.

Die Figur des roten Pandas kann nicht nur mit kindlichen Augen wörtlich verstanden werden, sondern sie ist eine Metapher für die Pubertät und die körperlichen und emotionalen Veränderungen, die dabei auftreten.

Im Roman Der Anschlag von Stephen King wird dem High-School-Englischlehrer Jacob „Jake“ Epping eine Möglichkeit gezeigt, in die Vergangenheit zu reisen. Durch das Zeitportal in Al Templetons Diner reist man bei jedem neuen Besuch exakt zum 9. September 1958, 11:58 Uhr. Jede neue Reise macht die Veränderungen der alten Reise zunichte.

Jake beschließt, das Attentat auf John F. Kennedy zu verhindern – doch je näher er dem Ereignis kommt, desto stärker kämpft die Vergangenheit gegen die Veränderung an. Ein Satz, der sich mehrmals im Roman wiederholt, lautet: „Die Vergangenheit ist halsstarrig. Sie will nicht verändert werden.“

Gemischte Metapher

In gemischten Metaphern werden, wie der Name sagt, mehrere Metaphern miteinander vermischt. Die Überladung führt unweigerlich zu versehentlich falschen Zusammensetzungen und zu unabsichtlicher oder – wenn richtig eingesetzt – absichtlicher Komik.

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William Shakespeare schreibt in Akt III, Szene 1 von Hamlet:

Or to take arms against a sea of troubles.

Waffen gegen eine See von Plagen zu richten, ist aussichtslos – zumindest im wörtlichen Sinne. Das Vermischen zweier Metaphern unterstützt bei Shakespeare die Schwierigkeit des Vorgehens. Es gibt dem Gesagten Tiefe, da es auf mehrere Arten und Weisen verstanden werden kann.

Tote Metapher

Sie ist tief in unserer Sprache verankert. Sie hat ihre metaphorische Wirkung eingebüßt und sich zu einer gängigen Redewendung entwickelt. Denken wir nur an das Tischbein oder den Buchrücken. Weitere Beispiele sind:

  • Zeit läuft
  • Der Kopf des Tisches
  • Maus (Computermaus)
  • Flussbett

Eine weitere tote Metapher und gleichzeitig das nächste Kapitel, ist …

Die Wurzel des Problems

Metaphern sind großartige Werkzeuge, um komplexe Sachverhalte, Gefühle oder Gedanken in einem einfach zu verstehenden Bild zu bündeln. Unser Sprachgebrauch ist durchzogen von Metaphern, die wir als Redewendungen oder tote Metaphern täglich benutzen.

Das ist ein Problem.

Durch unreflektiertes Nachplappern bekannter Metaphern schärfen wir das Bild, das wir zeichnen wollen, nicht – sondern machen daraus eine unscharfe Kopie, die weder überrascht noch inspiriert und lediglich den Status quo wiederkäut.

In seinem Essay Politics And the English Language drückt George Orwell sein Unmut über das einfallslose Kopieren und Wiederholen nichtssagender Floskeln und Metaphern aus.

Modern English, especially written English, is full of bad habits which spread by imitation and which can be avoided if one is willing to take the necessary trouble. If one gets rid of these habits one can think more clearly, and to think clearly is a necessary first step toward political regeneration: so that the fight against bad English is not frivolous and is not the exclusive concern of professional writers.⁠

Er lässt uns mit dem Problem nicht allein. Weiter unten im Text gibt uns Orwell vier Fragen in die Hände, die wir uns beim Schreiben und Überarbeiten unserer Texte stellen sollten:

A scrupulous writer, in every sentence that he writes, will ask himself at least four questions, thus: What am I trying to say? What words will express it? What image or idiom will make it clearer? Is this image fresh enough to have an effect? And he will probably ask himself two more: Could I put it more shortly? Have I said anything that is avoidably ugly?⁠⁠

💡

Wenn du mehr über das richtige Überarbeiten wissen willst, dann schau dir den StorytellingOS Quickie an. In neun kurzen Kapiteln zeige ich dir die wichtigsten Tipps und Tricks, mit denen du starke Powerstorys entwickelst. Das vorletzte Kapitel lautet übrigens Überarbeite mit Struktur.

Die wohl wichtigste von Orwells Fragen für das Benutzen von Metaphern ist: Ist das Bild frisch genug?

  • Will ich eine Metapher verwenden, die tausendmal vor mir verwendet wurde?
  • Gibt es eine Metapher, die neuer und frischer ist und dasselbe aussagt?
  • Kann ich eine solche Metapher selbst entwickeln?

Wieder denke ich an Emma Coats Regeln. Dieses Mal an Regel #12:

Discount the 1st thing that comes to mind. And the 2nd, 3rd, 4th, 5th – get the obvious out of the way. Surprise yourself.

Wenn du mehr von Emma Coat und Pixars Storytelling-Regeln erfahren möchtest, dann lies diesen Artikel: Baue starke Storys! – Mit diesen einfachen Bausteinen [Teil 2 & wie Pixar es macht]

Aber davor liest du am besten Teil 1 des Artikels.

🪢 AiA: Aktionen im Alltag

  • Nutze Metaphern. Vereinfache komplexe Gedanken, Gefühle oder Sachverhalte und erzeuge Bilder in den Köpfen deines Publikums.
  • Die Dosis macht das Gift. Ich wollte die Metapher eigentlich nicht benutzen, aber hier passt sie doch sehr gut, denn: Übertreibe nicht mit den Metaphern. Setze sie sparsam und präzise ein.
  • Denke an George Orwell. Nutze nicht die erste Metapher oder das erste Sinnbild, das dir in den Sinn kommt. Überlege dir etwas Frisches. Überrasche dein Publikum. Sei wie die Ankunft eines Zuges auf dem Bahnhof in La Ciotat.

Und jetzt:
Lass dich überzeugen.
Sei überzeugend.

P.S.: Das hat Klebstoff mit der Royal Family zu tun:

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